Prof. Wolfram Neumann führt durch die Buchkultur bibliophiler Kleinbuchreihen des 20. Jahrhunderts
Voller Neugierde auf bibliophile Schätze hatten sich die Magdeburger Pirckheimer im Foyer der Universitätsbibliothek in Magdeburg getroffen, wo sie von Prof. Wolfram Neumann, leidenschaftlicher Büchersammler und emeritierter Direktor der Orthopädischen Universitätsklinik, herzlich empfangen wurden. Er hat die Neugierde der Bibliophilen in der folgenden Stunde absolut befriedigt. 2003 überließ er gemeinsam mit seiner Ehefrau Ute rund 30.000 Bände seiner umfangreichen Privatsammlung der Unibibliothek in Form einer Stiftung (Stiftung zur Erhaltung und Pflege der Buchkultur bibliophiler Kleinbuchreihen des 20. Jahrhunderts).
Die in Glasvitrinen wohlgeordneten Bände begrüßen quasi jeden Bibliotheksbesucher, in der Regel sind es Studenten, wenn er sich einige Treppenstufen hinauf in das Obergeschoss begibt. An diesem Abend gesellten sich die Pirckheimer den Studenten beim Treppesteigen hinzu. Als erstes öffnete Prof. Neumann die Vitrine, in der die farbig gestalteten schmalen und eng beieinander stehenden Buchrücken schon von weitem den Blick der Besucher auf sich ziehen. Ein imposantes Bild gibt sie ab, die fast komplette Reihe der berühmten Insel-Bücher. Als eines der ersten Exemplare greift Neumann zur legendären Nummer 313 mit den von Wolfgang Kayser herausgegebenen Gedichten des deutschen Barocks. Das Besondere an diesem Insel-Büchlein ist die geringe Zahl der heute noch existierenden Exemplare, deren Auflage bei der Zerstörung des Verlagshauses im Zweiten Weltkrieg fast komplett vernichtet worden war. Ausnahmsweise ist das Exemplar in Neumanns Händen ein Faksimile, das Original ist zwar ebenfalls in seiner Sammlung, liegt aber angesichts eines heute geschätzten Kaufpreises im fünfstelligen Bereich sicher im Tresor. Faksimile oder Original, für Prof. Neumann ist klar: „Eine schöne Buchreihe ist ein Gesamtkunstwerk.“
2.170 Buchreihen
Die Reihe der Inselbändchen gehört zu den insgesamt 2.170 Buchreihen, die von Dr. Ute und Professor Wolfram Neumann in Jahrzehnten zusammengetragen wurden und heute in der Magdeburger Universitätsbibliothek zu bewundern sind. Die Sammlung umfasst den Zeitraum vom deutschen Kaiserreich über die Weimarer Republik, den Nationalsozialismus, die Teilung Deutschlands bis in die Gegenwart.
Während manche Buchreihen wie die illustrierten „Märchen aus aller Welt“, erschienen von 1947 bis 1948 in der Mitteldeutschen Verlags-Gesellschaft, komplett vertreten sind, stehen für andere einige Exemplare beispielhaft in den Regalen, oder, wie im Fall eines Buches in Fächerform (Fächer-Bibliothek, erschienen 1877 in Leipzig bei Hoffmann & Ohnstein), nur ein einziges Exemplar. Klangvolle Namen wie Seemanns Bibliothek der Kunstgeschichte, Reclam, die Bücherei des Schocken-Verlags oder die von Kurt Wolff von 1911 bis 1923 heraugegebene Reihe „Der jüngste Tag“ gehören ebenso zur Sammlung wie Buchreihen, die eher dem Bücherfreund vertraut sind. Stellvertretend sei an dieser Stelle auf Pandora, Weberschiffchen und die Graphischen Bücher (Gustav Kiepenheuer Verlag, 1920) hingewiesen.
Wahrscheinlich häufiger als erwartet stößt auch der Bibliophile auf seinem Weg entlang der Bücherregale auf Verlagsnamen und Buchreihen, die ihm zumindest bist zum Besuch der Neumann-Stiftung unbekannt gewesen sind. Dazu gehören zum Beispiel mit großer Wahrscheinlichkeit die Zaunkönig-Bücher, erschienen um 1947 in London, herausgegeben von der Kriegsgefangenenhilfe CVJM.
Wissenschaftliche Aufbereitung
Für die meisten Bibliophilen ist das Sammeln schöner Bücher nur eine Facette ihrer Leidenschaft. Eine andere ist für die Beschäftigung rund um die jeweilige Ausgabe, ihre Provinienz, ihre Gestaltung, ihre Ausstattung etc.. Ganz in diesem Sinne stellen Wolfram Neumann und seine Frau finanzielle Mittel zur wissenschaftlichen Aufbereitung dieser Sammlung zur Verfügung. Und sie werden die jährlichen Neuerscheinungen der noch laufenden Buchreihen künftig weiter der Stiftung zuführen.
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