Mit raschem Schritt näherten sich die letzten Gäste kurz vor 19 Uhr dem Literaturhaus in Magdeburg. Das sicherte ihnen zumindest noch einen Stehplatz, um die Eröffnung der Ausstellung „30 Jahre Künstlerbuch Almanach COMMON SENSE“ mitzuerleben. Damit befanden sie sich in Gesellschaft von mehr als 50 Buchliebhabern, die das Interesse an schönen Büchern und Originalgraphik im Allgemeinen und an Künstlerbüchern im Besonderen zusammengeführt hatte. Sie waren aus vielen Ecken Deutschlands angereist, unter anderem aus Berlin, Hamburg, Augsburg, Leipzig, Frankfurt/Oder, Weimar oder Wuppertal.
Zur Eröffnung waren auch die beiden Herausgeber dieser Künstlerbuch-Reihe nach Magdeburg gekommen: Ulrich Tarlatt aus Bernburg und Jörg Kowalski aus Halle/Saale. Musikalisch umrahmt wurde die Eröffnung von Petra Steinbring mit Improvisationen am Klavier. Die Künstlerin Anette Groschopp aus Magdeburg hielt die Laudatio. Sie selbst war an der Buchkunst-Reihe beteiligt und konnte so den Gästen einen sehr persönlichen Eindruck vermitteln, wie es für sie war, mit dabei gewesen zu sein. Sie gehört damit zu den andere 491 Literaten und Künstlern, die in den drei Jahrzehnten an der Entstehung der 30 Bände mitgewirkt haben. Dazu gehörten für die Texte zum Beispiel die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller und 15 Georg-Büchner-Preisträger wie Volker Braun, Durs Grünbein, Sarah Kirsch, Sibylle Lewitscharoff, Friederike Mayröcker oder Oskar Pastior. Ebenso beeindruckend ist die Liste der beteiligten Künstler, darunter Max Uhlig, Claus Weidensdorfer, Klaus Süß, Moritz Götze oder Angela Hampel – und natürlich Ulrich Tarlatt.
Die Idee war, dass die Künstler und Literaten an einem Buch mitarbeiten, ohne ein Thema vorzugeben. Einzige Bedingung war, dass die Werke dafür neu geschaffen beziehungsweise noch nicht zuvor publiziert wurden. Der programmatische Titel sollte den Sinn für das Gemeinsame beschreiben. Der erste Band erschien im Dezember 1989, der letzte Band, der die Reihe abschließt, wurde 2018 herausgegeben. Die Bandbreite der enthaltenen Werke reichte von Gedichten und Texten über originale Druckgrafiken, Zeichnungen, Collagen, Digitaldrucke, Fotografien, visuelle Poesie und Skizzen bis hin zu Tagebuchnotizen und Fundstücken.
Mit 50 bis 75 Exemplaren, die je Jahrgang erschienen sind, ist die Auflage sehr niedrig. Entsprechend selten tauchen sie in Ausstellungen auf. Noch seltener hat man die Gelegenheit, sie alle vereint, sozusagen in einer Reihe, zu sehen. Im Literaturhaus gaben es die räumlichen Gegebenheiten zwar nicht her, eine Reihe zu bilden, aber auf zwei Vitrinen verteilt bekamen die Gäste einen ausgezeichneten Blick auf dieses Gesamtkunstwerk.
Eine repräsentative Auswahl der künstlerischen Text- und Bildarbeiten, die ansonsten in den Büchern eingebunden sind, konnten die Besucher an den Wänden des Literaturhauses bewundern. Diese Chance nutzten die Gäste an diesem Abend ausgiebig. Ebenso die Gelegenheit, mit den Herausgebern und Künstlern Ulrich Tarlatt und Jörg Kowalski ins Gespräch zu kommen.
Gleichzeitig war die Ausstellungseröffnung ein gelungener Auftakt in das 51. Jahrestreffen der Pirckheimer-Gesellschaft, das vom 13. bis 15. September 2024 in Magdeburg stattfand.