Wir lieben schöne Bücher

Magdeburger Pirckheimer

Ein September-Wochenende voller Bücher und Kultur

Ausstellungseröffnung „30 Jahre COMMON SENSE“ im Literaturhaus Magdeburg am 13. September um 18 Uhr

In der Ottostadt Magdeburg findet in diesem Jahr das 51. Jahrestreffen der Pirckheimer-Gesellschaft statt, der „großen Schwester“ der Magdeburger Pirckheimer . Vom 13. bis 15. September werden dazu rund 50 Mitglieder und Freunde der Buchkunst in Magdeburg erwartet. Organisiert wird das Treffen vom Verein der Bibliophilen und Graphikfreunde Magdeburg und Sachsen-Anhalt e.V. „Willibald Pirckheimer“.

An dem Treffen können auch Buch- und Kunstfreunde teilnehmen, die keine Vereinsmitglieder sind. Wer Interesse hat, kann sich an den Pirckheimer-Vorsitzenden Matthias Haberzettl wenden (haberzettl@pirckheimer-gesellschaft.org).

Die Teilnehmer können sich auf ein breit gefächertes Programm freuen. Stationen sind unter anderem das Forum Gestaltung, die Johanniskirche mit den von Max Uhlig gestalteten Fenstern, die Neumann-Stiftung in der Bibliothek der Otto-von-Guericke-Universität, die Stadtbibliothek Magdeburg mit ihrer aktuellen Ausstellung zum Reformationsjubiläum oder eine Führung durch die graphische Sammlung des Kulturhistorischen Museums.

Ein Höhepunkt wird am Freitagabend (13. September) die Eröffnung der Ausstellung „30 Jahre Künstlerbuch Almanach COMMON SENSE“ im Literaturhaus Magdeburg sein. An der Thiemstraße 7 beginnt diese öffentliche Veranstaltung um 18 Uhr. Erwartet werden auch die beiden Herausgeber dieser Künstlerbücher: Ulrich Tarlatt (Bernburg) und Jörg Kowalski (Halle/Saale). Die Laudatio hält Anette Groschopp aus Magdeburg. Musikalisch umrahmt wird die Eröffnung von Petra Steinbring.

Alexandre Dumas: Spannung, Vielfalt, Unbekanntes

So bunt und vielfältig wie sich die zwei Büchertische im Literaturhaus Magdeburg präsentierten, so bunt und vielfältig war das Bild, dass Robert Grieger von der Persönlichkeit zeichnete, die im Mittelpunkt seines Vortrages stand: der bekannte Schriftsteller Alexandre Dumas. Diese Einordnung in die „Schublade“ Schriftsteller, zu Beginn des Abends für die Gäste nahezu selbstverständlich, hatte am Ende keinen Bestand mehr. Viele mögliche Bezeichnungen für seine Person waren dazugekommen: Schöpfer literarischer Mythen, Lebemann, Geschäftsmann, Prototyp des freien marktorientierten Schriftstellers, Meister des Dialogs, Revolutionsteilnehmer etc.

Vereinsvorsitzende Sigrid Wege bedankt sich bei Robert Grieger mit einem kleinen Präsent.

Für diese Auffächerung der Charakterisierung Dumas` sorgte an diesem 7. Juni der Berliner Dumas-Sammlers Robert Grieger, den seit mehr als drei Jahrzehnten Alexandre Dumas nicht loslässt. Mehr als eine Stunde plauderte er vor knapp 20 literaturbegeisterten Zuhörern auf Einladung der Magdeburger Pirckheimer über den großen Franzosen. Er zog Parallelen zwischen dessen eigener Lebensgeschichte und der seinen Romanfiguren. Beispielsweise wenn darum geht, dass ein passendes Empfehlungsschreiben den Einstieg in die berufliche Karriere ebnet. So verschaffte Dumas 1822 die Vermittlung eines Kollegen seines Vaters, gepaart mit einer schönen Handschrift, eine Stelle als Sekretär im Büro des Duc d’Orléans. Daher ist es wahrscheinlich kein Zufall, dass auch einer seiner bekanntesten Romanhelden, der spätere Musketier DÀrtagnan sich mit einem Empfehlungsschreiben auf den Weg nach Paris macht. Und das letztendlich erfolgreich, auch wenn ihm das Schreiben unterwegs gestohlen wird. Ebenso übte sich Dumas im Tanzen, Fechten und Schießen. Alles Fähigkeiten, die dem Leser seiner Romane durchaus vertraut vorkommen.

Eine chinesische Ausgabe des "Graf von Monte Cristo"
Eine chinesische Ausgabe des „Graf von Monte Cristo“

Dumas ist ein wichtiger Vertreter der französischen Romantik. Bekannt und beliebt wurde er durch seinen historischen Abenteuerroman „Die drei Musketiere“ (1844) und den Gesellschaftsroman „Der Graf von Monte Cristo“ (1845/46) – übrigens der einzige Gesellschaftsroman, den er je geschrieben hat. Diese berühmten Romane stehen wie die meisten seiner Romane in der Tradition von Walter Scotts historischen Romanen.

Zu Anfang seiner Schriftsteller-Karriere schrieb er jedoch hauptsächlich Dramen, von denen die meisten in Vergessenheit geraten sind. Dazu gehören die damals recht erfolgreichen Stücke Henri III et sa cour (1829), Christine (1830) und Antony (1831). Später begann er dann, Romane (insbesondere historische) zu schreiben und entdeckte schnell das Genre des Feulletion-Romans.

Robert Grieger hatte einige Exponate aus seiner Dumas-Sammlung mitgebracht

Dumas sei ein äußerst produktiver Autor gewesen, so Grieger. Er habe in Zusammenarbeit mit anderen Autoren wie Auguste Maquet über dreihundert Romane verfasst. Schreiben alleine reicht natürlich nicht. Die Bücher müssen auch verkauft werden. Das sei Dumas so gut gelungen, dass er zumindest zeitweise als wohlhabend gelten kann. Allerdings habe er das Geld auch mit vollen Händen wieder ausgegeben. So war ihm ein Leben als Schuldner nicht unbekannt. Grund genug für ihn, zeitweise ins Ausland zu fliehen. Das wiederum begründete, anfangs vielleicht notgedrungen, am Ende sehr erfolgreich und finanzielle einträglich, seine Hinwendung zur Reiseliteratur.

Bei einem so bewegten Leben und der schriftstellerischen Flexibilität von Dumas ist es kaum verwunderlich, dass er dieses in seinen vielbändigen Mémoires vermarktete.

Robert Grieger bei seinem Vortrag im Literaturhaus Magdeburg.

Auf Dauer habe er sich einen luxuriösen und ausschweifenden Lebensstil jedoch nicht mehr leisten können, so Grieger. Die letzten Jahre vor seinem Tod am 5. Dezember 1870 war er bankrott und lebte bei seinem Sohn.

Nach dem Vortrag gingen die Gäste mit anderem Blick an die Büchertische, auf denen Robert Grieger einige Schätze aus seiner Dumas-Sammlung ausgelegt hatte. Darunter neben den erwartbaren verschiedenen deutschen Buchausgaben auch ergänzende Sammlungsstücke wie eine Büste, Filmprogramme seiner Romanverfilmungen, Comics, eine chinesisch-sprachige Ausgabe des „Graf von Monte Cristo“ oder Sekundärliteratur.

Manches Exponat nahmen die Gäste ganz genau unter die Lupe.

Von Pränumerantenlisten, Leichenpredigten und der Illias

Das Druck- und Verlagshaus „Franzen und Grosse“  in Stendal – Vortrag von Agnes Kunze

Dass die Geschichte eines heute fast (!) vergessenen Verlages in der Altmark interessant und kurzweilig ist, dazu noch Anstoß für eine weitergehende Beschäftigung mit diesem Thema sein kann, zeigte Agnes Kunze am 17. April im Literaturhaus Magdeburg. Die Leiterin der Bibliothek des Winckelmann-Museums in Stendal war auf Einladung der Magdeburger Pirckheimer in die Landeshauptstadt gereist, um in ihrem Vortrag die Geschichte des Druck- und Verlagshauses „Franzen und Grosse“ lebendig werden zu lassen. Dieses hatte seinen Sitz in Stendal. Den Anfang markierte eine Hochzeit: 1755 heiratete Daniel Christian Franzen die Buchdrucker-Witwe Elisabeth am Ende und übernahm somit das Geschäft. 1776 erhielt Franzen das Buchhändlerprivileg – sein Geschäft erweiterte sich damit wesentlich über das Drucken hinaus. Allerdings trat er das Privileg nur vier Jahre später an Johann Christian Grosse ab. Druck und Handel blieben praktisch vereint, quasi in der Familie, da Johann Christian Grosse ein Jahr zuvor sein Schwiegersohn geworden war. Für Franzen war diese Verbindung offensichtlich aus unternehmerischer Sicht sehr vorteilhaft. Grosse habe den Verlag auf einen wirklichen Erfolgskurs gebracht, so die Einschätzung von Agnes Kunze. Der Produktionsumfang rangierte im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts direkt hinter den großen preußischen Verlagen in Berlin, Halle und Breslau. Für sie sei es „bewundernswert“, so Kunze, dass in einer so kleinen Stadt wie Stendal, die Anfang des 19. Jahrhunderts „4.444 bürgerliche Einwohner und eine Garnision von 786 Mann“ zählte, ein so erfolgreiches Verlagsunternehmen aufgebaut werden konnte. Die Geschichte des Druck- und Verlagshauses „Franzen und Grosse“ endete Anfang des 20. Jahrhunderts.

Sigrid Wege (r.) begrüßte die Gäste im Literaturhaus.

Fast eineinhalb Stunden sprach Agnes Kunze darüber, wie sich das Unternehmen entwickelt hat, welche Höhen und Tiefen es überstehen musste, wo es mit dem Zeitgeist schwamm und wo dagegen. Bestand das Hauptgeschäft anfänglich in den Drucken von Akzidenzdrucken, den Leichenpredigten, erweiterte sich das Profil vor allem auf Drucke zu medizinischen, wissenschaftlichen, pädagogischen und rechtlichen Themen. Im Unterschied zu vielen anderen Verlagshäusern hätten Franzen und Grosse aber nie Romane herausgebracht, obwohl sich diese einer wachsender Beliebtheit erfreuten und sie einen wachsenden Markt darstellten. Trotzdem nutzten Franzen und Grosse auch „Modeerscheinungen“ des damaligen Lesegeschmacks, wie die Herausgabe des Werkes „Betrachtungen über die drohendsten Gefahren der weiblichen Jugend für nachdenkende Töchter / von einer erfahrenen Mutter“ zeigt.

Mit einem Präsent bedankte sich Vereinsvorsitzende Sigrid Wege (l.) bei der Referentin Agnes Kunze.

Immer wieder stellte Agnes Kunze die Entwicklung des Unternehmens in einen überregionalen Kontext, zeigte auf, welche erfolgreichen Netzwerker Franzen und Grosse waren, wie sie effektiv Werbe- und Marketingmaßnahmen nutzten und sich beispielsweise durch die Teilnahme an der Leipziger Messe neue Vetriebswege erschlossen. Dank vielfältiger geschäftlicher und privater Verbindungen tauchten einige namhafte Persönlichkeiten im Netzwerk von Franzen und Grosse auf wie Georg Christoph Lichtenberg, Johann Christian Dieterich (Begründer der Dieterichschen Verlagsbuchhandlung, die heute ihren Sitz in Mainz hat), der für die Altmark zuständige Generalsuperintendent Johann Friedrich Hähn oder Samuel Gottlieb Vogel, britischer Hofmedicus und ordentlicher Professor an der Universität Rostock, der als Autor für Franzen und Grosse unter anderem 1794 das Buch „Über den Nutzen und Gebrauch der Seebäder. Nebst der Ankündigung einer öffentlichen Seebadeanstalt, welche an der Ostsee in Mecklenburg angelegt wird“ verfasst hatte.

Gerade für den Bibliophilen von Interesse wies Agnes Kunze auf ausgewählte Werke hin, die bei Franzen und Grosse erschienen sind wie der Druck des „Codex Diplomaticus Brandenburgensis“ 1775 oder Homers „Ilias“ von Caspar Christoph Konrad Brohm, die 1786 erschienen war, ausgestattet mit Initialen, Zierleisten und Vignetten.  

So lernten die Gäste des Abends viel Neues aus rund 150 Jahren Druck- und Verlagsgeschichte nicht nur der Altmark kennen. So wissen sie jetzt beispielsweise, was Pränumerantenlisten sind und welche wichtige Rolle sie für den wirtschaftlichen Erfolg von Franzen und Grosse gespielt haben – unter anderem nachzuvollziehen am Beispiel des Verkaufs des „Diätischen und ökonomischen Kochbuchs“, publiziert von Johann Jacob Heinrich Bücking.

Wer das noch nicht wusste, aber wissen will, was es mit den Pränumerantenlisten  auf sich hat, sollte einen Blick in den Katalog „Buch-Geschichten. 500 Jahre Drucker, Verleger und Bibliotheken in Stendal“ werfen, in dem auch die Druck- und Verlagsanstalt „Franzen und Grosse“ eine Rolle spielt. Der Katalog erschien 2007 anlässlich der gleichnamigen Ausstellung im Winckelmann-Museum Stendal.

Der Buchkatalog des Winckelmann-Museums weckte bei den Zuhörern großes Interesse. © Ralf Wege

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Agnes Kunze, Eva Hofstetter, Jürgen Dummer u.a.:
Buch-Geschichten. 500 Jahre Drucker, Verleger und Bibliotheken in Stendal.
Hrsg. im Auftrag der Winckelmann-Gesellschaft von Max Kunze Stendal

Verlag Franz Philipp Rutzen
Ruhpolding und Mainz 2007.
148 Seiten, 59 Abbildungen.
ISBN 3-938646-28-1

www.winckelmann-gesellschaft.com

Franzen & Grosse – ein (fast) vergessener Verlag

Öffentlicher Vortrag von Agnes Kunze   

Bereits 1487 befand sich die einzige Buchdruckerei der Mark Brandenburg in Stendal. Knapp 300 Jahre später (1755) erlangte Daniel Christian Franzen das Buchdruckerprivileg für diese Stadt. Im Laufe der nächsten Jahrzehnte wurde aus der Druckerei von Franzen das Druck-und Verlagshaus „Franzen und Grosse“, dessen Geschichte sich bis ins beginnende 20. Jahrhundert nachvollziehen lässt.

In dem Vortrag wird Agnes Kunze, Leiterin der Bibliothek im Winkelmann-Museum Stendal, insbesondere den Auf- und Ausbau des Verlagshauses in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens betrachten, seinen Einfluss auf das kulturelle Leben in der Region, aber auch sein überregionales Netzwerk z.B. nach Göttingen. Dabei sind vor allem die medizinischen Werke (z. B. des Arztes Samuel Gottlieb von Vogel [1750-1837]), die neben den Leichenpredigten und zahlreichen Schriften von Stendaler Lehrern, besonders bemerkenswert.

Der Vortrag ist öffentlich. Gäste sind herzlich willkommen. Der Eintritt ist frei.

Bücher dank Ebbe und Flut

Die Künstlerbücher von Tanja Leonhardt

Sichtlich beeindruckt verließen die 15 Buchliebhaber am 21. Februar gegen 21 Uhr das Literaturhaus Magdeburg. Gesorgt hatte dafür die Künstlerin Tanja Leonhardt. Sie war mit dem Auto nach Magdeburg angereist, den Kofferraum gefüllt mit einer erlesenen Auswahl ihrer Künstlerbücher, die sie zur Begrüßung der Gäste im Literaturhaus bereitgelegt hatte. Dieser Anblick verhieß den meisten der eintretenden Gäste überraschende Erfahrungen sowohl was die Formate, als auch die Materialien und Inhalte anging.

Bis die Kunstwerke in die Hand genommen wurden, gab Tanja Leonhardt einen kurzen aber vielseitigen Einblick in ihr Schaffen. Unter anderem konnten die Gäste anhand eines Videos nachvollziehen, wie das Buch „Orkney-Leinen“ entstand. Hier die nüchternen buchtechnischen Daten: Eines von drei Büchern mit Einband aus Orkney-Leinen, Hardcover, Breite: 300 mm, Höhe: 400 mm,Decke: Rohleinen …, 16 Seiten Silberburg Tiefdruckbütten (240 g) mit Büttenrand, Papier naturgefärbt, Handschrift.

Tanja Leonhardt mit einem der drei Exemplare des Buches aus Orkney-Leinen. Foto: R. Wege

Den Eindruck, den das Werk bei den Gästen hinterlassen hat lässt sich daran erahnen, dass es das Werk war, das am häufigsten in die Hand genommen wurde, und, am Ende in Magdeburg ein neues Zuhause gefunden hat.

Nicht zuletzt war es seine Entstehungsgeschichte, die das Buch so interessant macht. Hier einige Zeilen von Tanja Leonhardt dazu: „Im Jahr 2016 schenkten mir meine Freunde auf der Orkneyinsel Shapinsay ein Stück festes Leinen, das zu einer Erntemaschine des 19./20. Jahrhunderts gehörte. Ich entfernte die Holzleisten und Nägel, wickelte am Strand gefundene Eisenteile hinein und befestigte das Bündel unter dem Steg der Insel. Dort war es ein Jahr lang den Gezeiten ausgesetzt, bei Ebbe sichtbar, bei Flut unter Wasser. Im darauf folgenden Jahr kehrte ich zurück und wickelte das Bündel aus. Das Leinen war brüchig und stark von Bakterien zerfressen. Vorsichtig säuberte und trocknete ich es – und vergaß es im Schrank, bis ich in 2020 die Ökodruck-Serie herstellt. Das brüchige Leinen wurde auf den kaschierten Karton aufgeleimt und dadurch wieder haltbar gemacht. Dabei sind die Spuren seiner Geschichte deutlich vernehmbar. Im handgeschriebenen lyrischen Text geht es um diese Geschichte.“ Hier ein Beispiel: „… Ich höre das Meer rauschen. Ich sehe Ebbe und Flut steigen und fallen, steigen und fallen, sehe das Bündel um den Stegpfosten gewickelt. Alle zwölf Stunden sieht das Wasser nach ihm, tastet in seine Falten, sickert durch jede Lage bis in die Geschichten, die der goldene Staub erzählt, und zieht sich wieder zurück, seufzend und glucksend, brüllend und peitschend …“

Zwei weitere Beispiele sollen an dieser Stelle wenigstens noch einen kleinen Blick in die Vielfalt der Arbeiten von Tanja Leonhardt ermöglichen. Da ist das Buch „zusammen“, das Tanja Leonhardt (Konzeption, Schrift, Text, Bindung) gemeinsam mit Martin Dürk (Zeichnungen, Mischtechniken) geschaffen hat. Es besticht (nicht nur) mit einer ausgeklügelten Art der Faltung, die allein durch die Abfolge des Aufschlagens der Text- und Bildseiten durch die Geschichte führt – sehr zur Erbauung der Gäste des Abends.

Ein Blick in das Buch „zusammen“ Foto: R. Wege

 Dass man Bücher durch Kochen erschafft, war für die meisten Buchfreunde an diesem Abend eine neue Erkenntnis. Tanja Leonhardt nennt sie „Schmutzige“ Kesselbücher oder Ökoprints aus dem Kupferkessel. Sie zeichnen sich, nicht zuletzt durch das Agieren des Zufalls bei der Entstehung, durch eine eigene „Wildheit“ und Kraft aus, wie es Tanja Leonhardt nennt.

Buchliebhaber im Gespräch mit der Künstlerin. Foto: R. Wege

Künstlerbücher von Tanja Leonhardt

Öffentlicher Vortrag im Literaturhaus Magdeburg, 21. Februar, 19 Uhr

Künstlerbücher sind eine Facette der künstlerischen Schaffens von Tanja Leonhardt. Diese wird die Künstlerin am Mittwoch, 21. Februar, ab 19 Uhr im Literaturhaus Magdeburg vorstellen. 

Tanja Leonhardt wird begleitend zu ihrem Vortrag einige Exemplare ihrer Werke mitbringen, damit sich die Gäste ein direktes Bild davon machen können.

Tanja Leonhardt hat ein Studium der Freien Bildenden Kunst an der Johannes Gutenberg Universität Mainz im Hauptfach Schriftkunst (Kalligraphie und Typographie) absolviert und 1991 mit Diplom abgeschlossen. Daran schloss sie einen einjährigen Meisterschülerstudiengang an.

Seitdem ist sie als freischaffende Kalligrafin im Atelier Leonhardt, aber auch als Dozentin für Kalligrafie am Gutenberg-Institut für Weltliteratur und schriftorientierte Medien der Uni Mainz, Abteilung Buchwissenschaft, tätig. Ihre Werke sind unter anderem im Besitz des Klingspor-Museums Offenbach, der Stadt Frankfurt am Main oder des Museums für angewandte Kunst in Frankfurt am Main.

„zusammen“ – ein Künstlerbuch von Tanja Leonhardt (Konzept, Schrift, Text, Bindung) und Martin Dürk (Zeichnungen, Mischtechniken) | © Tanja Leonhardt

Vorträge, Vernissage und Gäste aus ganz Deutschland

Programmübersicht 2024

Mittwoch 21. Februar
Künstlerbücher vom Atelier Leonhardt
Öffentlicher Vortrag von Tanja Leonhardt, Schotten
Literaturhaus Magdeburg

Mittwoch, 17. April
Verlagswesen 18. und 19. Jahrhundert
Öffentlicher Vortrag von Agnes Kunze, Stendal
Literaturhaus Magdeburg

Freitag, 7. Juni
Leben und Schaffen von Alexandre Dumas
Öffentlicher Vortrag von Robert Grieger, Berlin
Literaturhaus Magdeburg

Juli/August      Sommerpause

Freitag/Samstag, 13./14. September
Treffen mit der Pirckheimer Gesellschaft und Ausstellungseröffnung
 „Edition Augenweide – 30 Jahre Künstlerbuch Almanach COMON SENSE“ mit den Gründern und Herausgebern der Edition Ulrich Tarlatt und Jörg Kowalski
Der Veranstaltungsort wird mit gesonderter Einladung rechtzeitig bekannt gegeben.

Mittwoch, 27. November
Jahreshauptversammlung (vereinsintern)
mit anschließenden öffentlichen Sammlergesprächen „Aus eigenen Sachen“ 
Literaturhaus Magdeburg

Änderungen aus organisatorischen Gründen vorbehalten.

Der meistgelesene französische Autor in Deutschland

Vortrag von Robert Grieger (Berlin)

Alexandre Dumas der Ältere (1802-1870), Verfasser unter anderem der Bestseller ›Die drei Musketiere‹ und ›Der Graf von Monte Christo‹, Schöpfer literarischer Mythen, Lebemann und Geschäftsmann, war der Prototyp des freien marktorientierten Schriftstellers und ist bis heute der meistgelesene französische Autor in Deutschland.

Wer einen Einblick in das Leben und Werk dieses Literaten erhalten möchte, ist am Freitag, den 7. Juni, im Literaturhaus Magdeburg genau richtig. Dort wird der Berliner Dumas-Sammler Robert Grieger dieses Thema dem Publikum nahe bringen. Beginn ist um 19 Uhr. Der Vortrag ist öffentlich. Gäste sind herzlich willkommen. Der Eintritt ist frei.

Vortrag „Leben und Werk des Alexandre Dumas“
Freitag, 7. Juni 2024,
19 Uhr
Literaturhaus Magdeburg

Ein Meister des Holzschnitts in Magdeburg

Vernissage „Klaus Süß – Druckstock, Abdruck, Künstlerbücher“ im Literaturhaus

Wer knapp vor Beginn der Vernissage noch ins Literaturhaus gehuscht kam, der trat in einen bereits bis auf den letzten Stuhl besetzten Raum. Das war aber kein Grund, wieder zu gehen. Dafür waren bei allen die Neugierde zu stark und die Erwartungen an das zu Entdeckende zu hoch. Rund 50 Objekte von Klaus Süß hatten die Magdeburger Pirckheimer gemeinsam mit dem Künstler für die Ausstellung in Magdeburg ausgewählt. Darunter eine Auswahl farbig gestalteter Druckstöcke mit dazugehörigen Drucken sowie Vorzeichnungen, einzelne bemalte Druckstöcke, einzelne Druckblätter sowie komplette Grafikmappen. Dazu sind in Vitrinen Künstlerbücher aus dem umfangreichen Werk von Klaus Süß ausgestellt. Extra zur Ausstellung in Magdeburg hat Klaus Süß die Vorzugsgrafik “Frau“ in 13 Exemplaren aufgelegt und den dazugehörigen Druckstock ins Literaturhaus mitgebracht.

Vereinsvorsitzende Sigrid Wege begrüßt die Gäste. | © R. Wege

Nach der Begrüßung durch Vereinsvorsitzende Sigrid Wege und den musikalischen Auftakt am Saxophon durch Frank Schöpke führte der Schriftsteller, Buchgestalter und Ausstellungsmacher Dr. Jens-Fietje Dwars aus Jena die Gäste in die Ausstellung ein. Dwars ließ den Werdegang des Chemnitzer Künstlers Revue passieren, beginnend mit Linolschnitten, über die Unikatbücher, Grafikmappen und Pressendrucke sowie gestalteten Druckstöcke bis zu dem Feld, „auf dem er zum Meister gereift“ ist, dem Holzschnitt. Dwars: „Von Anbeginn ringt Süß um die zeichenhafte Erweiterung und Vertiefung des Erfahrenen, nie um Tagespolitik. Im Spiegel neuer und alter Mythen sucht er nach Bildern für den Kampf der Geschlechter, für den Hass, in den unerfüllte Liebe umzuschlagen vermag, die Gewalt, die allem Begehren innewohnt, die Ohnmacht der Macht, das Abgründige in uns. Auch in den Bildern, die Sie in dieser Ausstellung sehen.“

Eine Besucherin blättert in dem Buch „Carmen“, über das Dr. Jens-Fietje Dwars auch in seiner Laudatio sprach. Im unteren Bild sind einige der Carmen-Grafiken zu sehen, die Klaus Süß im Handabzug gedruckt hat. | © R. Wege

Klaus Süß wurde 1951 im erzgebirgischen Crottendorf geboren. Er lebt seit langem in Chemnitz. Seit 1986 arbeitet er als freischaffender Künstler. Zuvor war er einige Jahre an der bekannten Produzentengalerie „Clara Mosch“ in Chemnitz tätig. Er beschäftigt sich zunächst vor allem mit dem Linolschnitt und ab 1992 verstärkt mit dem Holzschnitt. Klaus Süß arbeitet beim Holzschnitt in der Technik der „verlorenen Form“, wodurch keine späteren Nachdrucke mehr möglich sind.

Typisch für viele seiner Arbeiten sind kraftvolle Farben mit expressionistischen Menschenfiguren (angeregt von Brücke-Mitgliedern wie Karl Schmidt-Rottluff und Ernst Ludwig Kirchner).

Die bemalten Druckstöcke werden zu Kunstobjekten, die Klaus Süß auch in die Gestaltung von Künstlerbüchern einbezieht oder Grafikmappen beilegt. Sie sind sowohl als alleinstehende Kunstobjekte, in Rahmen gefasst oder als freistehende Skulpturen, bei Sammlern sehr begehrt.  

Viele Gäste nutzten die Chance, mit dem Künstler ins Gespräch zu kommen. | © R. Wege

Ein weiteres Tätigkeitsfeld von Klaus Süß sind Künstlerbücher. In der Regel in kleinen, oft einstelligen Auflagen oder als Unikatbücher hergestellt. In der Ausstellung gezeigt werden unter anderem die Werke „Kholumodumo“ (Märchen aus dem südöstlichen Afrika, 17 Holzschnitte, 45×35 Zentimeter), „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ oder „UKIYO-E“ (nach einem japanischen Text des 18. Jahrhunderts, in 26 Original-Bild- und Schriftholzschnitten). Zu sehen ist ebenfalls sein wohl erfolgreichstes Buch, „Blaubart“, das Klaus Süß 2009 für den Leipziger Bibliophilen-Abend geschaffen hat und das von der Stiftung Buchkunst im Wettbewerb „Die schönsten deutschen Bücher“ ausgezeichnet wurde. Dieses Kleinod wird zusammen mit der Blaubart-Grafikmappe gezeigt, die acht Farbholzschnitte im Mappenformat von 54 x 43,5 Zentimeter umfasst, erschienen in fünf Exemplaren.

Alle gezeigten Grafikblätter sind von Klaus Süß von Hand gedruckt. Auch wenn kräftige Farben in vielen seiner Werke dominieren, wirken seine Schwarz-Weiß-Arbeiten ebenso beeindruckend, wie zum Beispiel die Weißlinienschnitte in seinem 46 x 41 Zentimeter großen Künstlerbuch „Die Leichtigkeit der Etrusker“, das ebenfalls in der Ausstellung zu sehen ist. 

Die Vielfalt des künstlerischen Schaffens erstreckt sich bei Klaus Süß auch auf die Gestaltung von Keramik und anderen Objekten. In der Ausstellung ist stellvertretend eine Bronzearbeit zu sehen, die dem Künstlerbuch „Chief Seattle“ beigegeben ist. Der Text entstammt der Rede, die Chief Seattle 1855 an den Präsidenten der Vereinigten Staaten richtete. Es besticht durch eine einzigartige Verschränkung von Bild und Text. Jedem Holzschnitt geht eine Textseite voraus, die einen visuellen Bezug zum darunter (teilweise) sichtbaren Holzschnitt herstellt: Entweder ist der Text typografisch geformt wie eines der Bildelemente und auf transparentem Papier gedruckt, teils sind Ausstanzungen im Papier, die schon bestimmte Teile des darunter liegenden Holzschnitts sichtbar machen.

Frank Schöpke begleitete die Vernissage musikalisch. | © R. Wege

Die Ausstellung ist noch bis zum 2. Februar 2024 im Literaturhaus Magdeburg zu sehen. Geöffnet ist Montag bis Freitag von 10 bis 12 und 14 bis 16 Uhr, sowie nach Voranmeldung und zu den Veranstaltungen.

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