Vernissage „Klaus Süß – Druckstock, Abdruck, Künstlerbücher“ im Literaturhaus
Wer knapp vor Beginn der Vernissage noch ins Literaturhaus gehuscht kam, der trat in einen bereits bis auf den letzten Stuhl besetzten Raum. Das war aber kein Grund, wieder zu gehen. Dafür waren bei allen die Neugierde zu stark und die Erwartungen an das zu Entdeckende zu hoch. Rund 50 Objekte von Klaus Süß hatten die Magdeburger Pirckheimer gemeinsam mit dem Künstler für die Ausstellung in Magdeburg ausgewählt. Darunter eine Auswahl farbig gestalteter Druckstöcke mit dazugehörigen Drucken sowie Vorzeichnungen, einzelne bemalte Druckstöcke, einzelne Druckblätter sowie komplette Grafikmappen. Dazu sind in Vitrinen Künstlerbücher aus dem umfangreichen Werk von Klaus Süß ausgestellt. Extra zur Ausstellung in Magdeburg hat Klaus Süß die Vorzugsgrafik “Frau“ in 13 Exemplaren aufgelegt und den dazugehörigen Druckstock ins Literaturhaus mitgebracht.
Nach der Begrüßung durch Vereinsvorsitzende Sigrid Wege und den musikalischen Auftakt am Saxophon durch Frank Schöpke führte der Schriftsteller, Buchgestalter und Ausstellungsmacher Dr. Jens-Fietje Dwars aus Jena die Gäste in die Ausstellung ein. Dwars ließ den Werdegang des Chemnitzer Künstlers Revue passieren, beginnend mit Linolschnitten, über die Unikatbücher, Grafikmappen und Pressendrucke sowie gestalteten Druckstöcke bis zu dem Feld, „auf dem er zum Meister gereift“ ist, dem Holzschnitt. Dwars: „Von Anbeginn ringt Süß um die zeichenhafte Erweiterung und Vertiefung des Erfahrenen, nie um Tagespolitik. Im Spiegel neuer und alter Mythen sucht er nach Bildern für den Kampf der Geschlechter, für den Hass, in den unerfüllte Liebe umzuschlagen vermag, die Gewalt, die allem Begehren innewohnt, die Ohnmacht der Macht, das Abgründige in uns. Auch in den Bildern, die Sie in dieser Ausstellung sehen.“
Klaus Süß wurde 1951 im erzgebirgischen Crottendorf geboren. Er lebt seit langem in Chemnitz. Seit 1986 arbeitet er als freischaffender Künstler. Zuvor war er einige Jahre an der bekannten Produzentengalerie „Clara Mosch“ in Chemnitz tätig. Er beschäftigt sich zunächst vor allem mit dem Linolschnitt und ab 1992 verstärkt mit dem Holzschnitt. Klaus Süß arbeitet beim Holzschnitt in der Technik der „verlorenen Form“, wodurch keine späteren Nachdrucke mehr möglich sind.
Typisch für viele seiner Arbeiten sind kraftvolle Farben mit expressionistischen Menschenfiguren (angeregt von Brücke-Mitgliedern wie Karl Schmidt-Rottluff und Ernst Ludwig Kirchner).
Die bemalten Druckstöcke werden zu Kunstobjekten, die Klaus Süß auch in die Gestaltung von Künstlerbüchern einbezieht oder Grafikmappen beilegt. Sie sind sowohl als alleinstehende Kunstobjekte, in Rahmen gefasst oder als freistehende Skulpturen, bei Sammlern sehr begehrt.
Ein weiteres Tätigkeitsfeld von Klaus Süß sind Künstlerbücher. In der Regel in kleinen, oft einstelligen Auflagen oder als Unikatbücher hergestellt. In der Ausstellung gezeigt werden unter anderem die Werke „Kholumodumo“ (Märchen aus dem südöstlichen Afrika, 17 Holzschnitte, 45×35 Zentimeter), „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ oder „UKIYO-E“ (nach einem japanischen Text des 18. Jahrhunderts, in 26 Original-Bild- und Schriftholzschnitten). Zu sehen ist ebenfalls sein wohl erfolgreichstes Buch, „Blaubart“, das Klaus Süß 2009 für den Leipziger Bibliophilen-Abend geschaffen hat und das von der Stiftung Buchkunst im Wettbewerb „Die schönsten deutschen Bücher“ ausgezeichnet wurde. Dieses Kleinod wird zusammen mit der Blaubart-Grafikmappe gezeigt, die acht Farbholzschnitte im Mappenformat von 54 x 43,5 Zentimeter umfasst, erschienen in fünf Exemplaren.
Alle gezeigten Grafikblätter sind von Klaus Süß von Hand gedruckt. Auch wenn kräftige Farben in vielen seiner Werke dominieren, wirken seine Schwarz-Weiß-Arbeiten ebenso beeindruckend, wie zum Beispiel die Weißlinienschnitte in seinem 46 x 41 Zentimeter großen Künstlerbuch „Die Leichtigkeit der Etrusker“, das ebenfalls in der Ausstellung zu sehen ist.
Die Vielfalt des künstlerischen Schaffens erstreckt sich bei Klaus Süß auch auf die Gestaltung von Keramik und anderen Objekten. In der Ausstellung ist stellvertretend eine Bronzearbeit zu sehen, die dem Künstlerbuch „Chief Seattle“ beigegeben ist. Der Text entstammt der Rede, die Chief Seattle 1855 an den Präsidenten der Vereinigten Staaten richtete. Es besticht durch eine einzigartige Verschränkung von Bild und Text. Jedem Holzschnitt geht eine Textseite voraus, die einen visuellen Bezug zum darunter (teilweise) sichtbaren Holzschnitt herstellt: Entweder ist der Text typografisch geformt wie eines der Bildelemente und auf transparentem Papier gedruckt, teils sind Ausstanzungen im Papier, die schon bestimmte Teile des darunter liegenden Holzschnitts sichtbar machen.
Die Ausstellung ist noch bis zum 2. Februar 2024 im Literaturhaus Magdeburg zu sehen. Geöffnet ist Montag bis Freitag von 10 bis 12 und 14 bis 16 Uhr, sowie nach Voranmeldung und zu den Veranstaltungen.